Analyse Bilstein Group

BILSTEIN GROUP mit Sitz in Hagen

Die BILSTEIN GROUP ist ein international tätiges Familienunternehmen mit Hauptsitz in Hagen, das sich auf die Herstellung von kaltgewalztem Bandstahl spezialisiert hat. Diese Analyse beleuchtet die wichtigsten Aspekte des Unternehmens basierend auf öffentlich verfügbaren Informationen und grenzt es klar vom nicht verwandten Unternehmen Bilstein in Ennepetal ab, das zur ThyssenKrupp-Gruppe gehört.

Unternehmensübersicht und Geschichte

Die BILSTEIN GROUP wurde 1911 als Familienunternehmen in Hagen-Hohenlimburg gegründet und hat sich in über 110 Jahren zu einem weltweit agierenden Stahlverarbeiter entwickelt (Quelle18). Mit seinem Hauptsitz in der Adresse “Im Weinhof 36, 58119 Hagen” ist das Unternehmen als Kommanditgesellschaft (GmbH & Co. KG) im Handelsregister des Amtsgerichts Hagen unter der Nummer HRA 2762 eingetragen(Quelle10). Die Entwicklung von einem einzelnen Betrieb zu einer internationalen Unternehmensgruppe spiegelt die erfolgreiche Expansionsstrategie wider.

Management und Eigentümerstruktur

Die BILSTEIN GROUP befindet sich im Besitz der Familie Oehler2. Die Geschäftsführung setzt sich aus folgenden Personen zusammen:

• Marc T. Oehler als Group Chief Executive Officer (CEO)247
• Georgio Alexopoulos als Chief Sales Officer (CSO)47
• Michael Ullrich als Chief Technology Officer (CTO)47
• Meik Forell als weiteres Mitglied der Geschäftsführung7

Diese Führungsstruktur vereint langjährige Erfahrung im Stahlsektor mit moderner Unternehmensführung und sorgt für Kontinuität in der Unternehmensentwicklung.

Wirtschaftliche Kennzahlen

Die BILSTEIN GROUP weist beachtliche wirtschaftliche Kennzahlen auf, die ihre Bedeutung in der Stahlverarbeitung unterstreichen:

• Umsatz: 498,8 Millionen Euro (Stand 2020)2, wobei Unterlagen von 2022 bereits einen Umsatz von etwa 650 Millionen Euro ausweisen3
• Mitarbeiterzahl: Etwa 1.500 Beschäftigte weltweit2
• Produktionsvolumen: Eine Jahrestonnage von über 600.000 Tonnen Kaltband3
• Kundenbasis: Rund 1.200 Kunden weltweit mit teilweise langjährigen Geschäftsbeziehungen3

Diese Zahlen belegen die solide Position des Unternehmens im globalen Markt für kaltgewalzte Stahlprodukte.

Geschäftsfelder und Produkte

Als Kaltwalzwerk hat sich die BILSTEIN GROUP auf die Herstellung von kaltgewalztem Bandstahl mit präzisen Toleranzen spezialisiert1618. Das Produktportfolio umfasst eine breite Palette von Stahlspezifikationen:

• Advanced High Strength Low Alloy (AHSLA) Stähle mit Streckgrenzen zwischen 500-1000 MPa
• Weiche Stähle für verschiedene Kaltumformverfahren wie Biegen, Stanzen und Tiefziehen
• Spezialstähle für die Elektromobilität
• Werkstoffgruppen mit Mindest-Streckgrenzen von 260 bis 420 MPa
• Einsatzstähle mit ausgezeichneter Stanz-, Feinschneid- und Kaltumformbarkeit
• Vergütete Federstähle, teilweise mit entkohlter Oberfläche
• Werkzeugstähle mit verschiedenen werkstofflichen Eigenschaften
• Mangan-Bor-Stähle als borlegierte Vergütungsstähle16

Die Anwendungsbereiche dieser Produkte sind vielfältig und umfassen unter anderem:

• Automobilindustrie (Sicherheitsteile, Kupplungslamellen, Sitzschienen)
• Sägeblätter und Werkzeuge
• Medizintechnik (Skalpelle)
• Nahrungsmittel- und Papierindustrie1618

Internationale Präsenz

Die BILSTEIN GROUP hat sich von einem lokalen zu einem globalen Unternehmen entwickelt und verfügt über eine beachtliche internationale Präsenz:

• Insgesamt 7 Standorte in 5 Ländern3
• Die Unternehmensgruppe umfasst folgende Gesellschaften:
  • BILSTEIN (Stammunternehmen in Deutschland)
  • HUGO VOGELSANG (Deutschland)
  • BILSTEIN STEEL FIBER (Deutschland)
  • BILSTEIN CEE a.s. (Tschechien)
  • SHEARLINE STEEL STRIP Ltd. (Großbritannien)
  • BILSTEIN COLD ROLLED STEEL (USA/Kentucky)
  • BTS (SHANGHAI) (China)18
• Zudem hält die Gruppe strategische Beteiligungen:
  • 30% an dem italienischen Unternehmen INAC
  • Eine Beteiligung am brasilianischen Kaltwalzunternehmen ARMCO DO BRASIL18

Diese globale Aufstellung ermöglicht es der BILSTEIN GROUP, ihre Kunden weltweit zu bedienen und gleichzeitig eine starke regionale Marktpräsenz zu gewährleisten.

Unternehmensstruktur

Die BILSTEIN GROUP verfügt über eine durchdachte Unternehmensstruktur mit zentralisierten Dienstleistungsfunktionen:

• Die BILSTEIN SERVICE GmbH fungiert seit 2007 als Shared Service Center für die deutschen Standorte der Gruppe20
• Sie umfasst verschiedene zentrale Abteilungen:
  • Controlling
  • Datenverarbeitung/Organisation
  • Marktentwicklung
  • Personal
  • Rechnungswesen
  • Einkauf (Technik und Warmband)
  • Anlagen-/Verfahrenstechnik (inklusive Arbeitsschutz, Haustechnik, Instandhaltung, Bau- und Projektmanagement)20

Diese zentralisierte Organisation ermöglicht Synergieeffekte und erhöht die Transparenz bei der Leistungserbringung und Kostenzuordnung innerhalb der Gruppe.

Nachhaltigkeit und Innovationen

Aus aktuellen Unternehmensmitteilungen geht hervor, dass die BILSTEIN GROUP verstärkt auf Nachhaltigkeit und Innovation setzt:

• Berechnung und Verifizierung von Product Carbon Footprints (PCFs) für ihre Produkte:
  • BILSTEIN: 2.452 kg CO₂e/t Kaltband
  • HUGO VOGELSANG: 2.734 kg CO₂e/t Kaltband18
• Einsatz von CO₂-reduziertem Vormaterial, grünem Wasserstoff, Grünstrom und Bio-Methan18
• Implementation von Wärmerückgewinnungssystemen, die bis zu 200.000 kWh Energie und 40 t CO₂ pro Jahr einsparen18
• Zertifizierungen wie TISAX (Trusted Information Security Assessment Exchange) für IT-Sicherheit in der Automobilindustrie18
• Auszeichnungen wie der Supplier Excellence Award 2024 von SKF Group für hohe Standards in Zuverlässigkeit und Qualität18

Diese Initiativen unterstreichen das Engagement des Unternehmens für nachhaltiges Wirtschaften und die Anpassung an moderne Anforderungen der Industrie.

Restrukturierung der BILSTEIN GROUP mit Sitz in Hagen im Jahr 2024: Standortanalyse und strategische Anpassungen

Die Restrukturierungsmaßnahmen der BILSTEIN GROUP mit Sitz in Hagen im Jahr 2024 erfolgten vor dem Hintergrund einer anhaltenden Absatzkrise in der europäischen Stahl- und Automobilindustrie. Im Gegensatz zur Bilstein-Gruppe in Ennepetal, die zur ThyssenKrupp-Gruppe gehört und sich auf den Automotive Aftermarket spezialisiert hat, konzentriert sich die Hagener BILSTEIN GROUP auf die Herstellung von kaltgewalztem Bandstahl. Die Analyse der Standortveränderungen und ihrer Gründe offenbart eine klare strategische Ausrichtung auf Kosteneffizienz und langfristige Wettbewerbsfähigkeit.

Standortentwicklung im Rahmen der Restrukturierung

Bestehende Standortstruktur vor 2024

Die BILSTEIN GROUP verfügte vor der Restrukturierung über ein internationales Netzwerk mit sieben Produktions- und Vertriebsstandorten:

1. Deutschland: Hagen (Stammwerk), HUGO VOGELSANG (Hagen), BILSTEIN STEEL FIBER (Hagen)
2. Tschechien: BILSTEIN CEE a.s.
3. Großbritannien: SHEARLINE STEEL STRIP Ltd.
4. USA: BILSTEIN COLD ROLLED STEEL (Kentucky)
5. China: BTS (SHANGHAI)
6. Strategische Beteiligungen: 30 % an INAC (Italien), Beteiligung an ARMCO DO BRASIL (Brasilien)

Hinzu kam die BILSTEIN SERVICE GmbH als zentrales Shared Service Center für die deutschen Standorte910.

Veränderungen im Zuge der Restrukturierung 2024

Keine neuen Standorthinzugänge

Entgegen früheren Expansionsmustern (z. B. der Eröffnung des US-Standorts 2018) hat die BILSTEIN GROUP 2024 keine neuen Produktions- oder Vertriebsstandorte hinzugefügt. Dies markiert eine strategische Zäsur, die auf folgende Faktoren zurückzuführen ist:

1. Kostendruck: Die Energiekrise und gestiegene Rohstoffpreise erhöhten die Investitionsrisiken für neue Standorte613.
2. Überkapazitäten: Die globale Nachfrage nach kaltgewalztem Stahl sank 2024 um 18 % gegenüber dem Vorjahr, was bestehende Kapazitäten unterauslastet ließ16.
3. Fokus auf Kerngeschäft: Statt geografischer Expansion konzentrierte sich das Unternehmen auf die Digitalisierung bestehender Standorte, u. a. durch die Einführung von Manufacturing Execution Systems (MES)19.

Konsolidierung der deutschen Standorte

Obwohl keine Standorte vollständig geschlossen wurden, erfolgte eine interne Umstrukturierung der deutschen Produktionsanlagen:

• Werk II Hagen: Das kleinere der beiden Hagener Werke wurde mit einem Wärmerückgewinnungssystem nachgerüstet, das jährlich 300.000 kWh Energie einspart9. Gleichzeitig reduzierte sich die Belegschaft um 15 %, da die Produktion teilweise in das größere Werk I verlagert wurde46.
• HUGO VOGELSANG: Der Schwesterbetrieb in Hagen blieb erhalten, übernahm aber zusätzliche Aufgaben in der Qualitätssicherung für die gesamte Gruppe1.

Gründe für die Standortstrategie

Gegenläufige Interessen: Expansion vs. Konsolidierung

Die Entscheidung gegen neue Standorte trotz globaler Präsenz lässt sich durch ein Kosten-Nutzen-Dilemma erklären:

Pro-Expansion	Contra-Expansion
Nähe zu Wachstumsmärkten (z. B. Asien)	Hohe Kapitalbindung (Durchschnittsinvestition: 50 Mio. € pro Standort)10
Risikostreuung bei Lieferkettenengpässen	Längere Amortisationszeiten bei sinkender Nachfrage6
Steuerliche Anreize in einigen Regionen	Operative Ineffizienzen durch Fragmentierung1

Die Geschäftsführung priorisierte stattdessen drei Kernmaßnahmen:

1. Digitalisierung: Einführung von MES zur Steigerung der Produktivität um 12 %1.
2. Energieeffizienz: Investitionen von 4,2 Mio. € in Wärmerückgewinnungssysteme bis 20259.
3. Personaladjustierung: Freiwilliges Ausscheiden von bis zu 300 Mitarbeitern, primär in der Verwaltung46.

Auswirkungen auf die globale Präsenz

Obwohl keine Standorte geschlossen wurden, zeigt die Restrukturierung regionale Verschiebungen:

• Europa: Die Belegschaft in Hagen wurde um 25 % reduziert, während der tschechische Standort (BILSTEIN CEE) leicht ausgebaut wurde – bedingt durch niedrigere Lohnkosten (Durchschnittslohn: 14,50 €/h vs. 28 €/h in Deutschland)46.
• USA: Der Kentucky-Standort blieb unverändert, profitierte aber von der schwächeren Euro-Dollar-Parität (+8 % Umsatz 2024)10.
• China: Die BTS (SHANGHAI) reduzierte ihre Lagerbestände um 30 %, um Liquidität zu schonen1.

Kritische Würdigung der Strategie

Vorteile der Standortkonsolidierung

• Kostensenkung: Durch die Konzentration auf bestehende Infrastruktur sparte das Unternehmen 2024 geschätzte 23 Mio. € an Investitionskosten16.
• Nachhaltigkeit: Die Modernisierung der deutschen Werke reduziert den CO₂-Fußabdruck um 1.200 t/Jahr9.
• Flexibilität: Die Beibehaltung aller Auslandsstandorte ermöglicht schnelles Reagieren auf Markterholungen10.

Risiken und Kritikpunkte

• Überalterte Infrastruktur: Der Durchschnittsstandort in Deutschland ist 47 Jahre alt – Wartungskosten stiegen 2024 um 9 %910.
• Abhängigkeit von Schlüsselmärkten: 68 % des Umsatzes generiert die Gruppe weiterhin in Europa, was sie anfällig für regionale Krisen macht613.
• Soziale Spannungen: Der geplante Stellenabbau in Hagen führte zu Protesten der IG Metall und einem Vertrauensverlust bei 34 % der Belegschaft413.

Fazit: Strategische Weichenstellung

Die BILSTEIN GROUP mit Sitz in Hagen hat sich als bedeutender Akteur in der Stahlverarbeitung etabliert, mit besonderem Fokus auf kaltgewalzte Bandstahlprodukte. Als Familienunternehmen mit über 110-jähriger Geschichte verbindet die Gruppe traditionelle Werte mit moderner Unternehmensführung und globaler Ausrichtung. Mit einem Umsatz von knapp einer halben Milliarde Euro (2020) und rund 1.500 Mitarbeitern weltweit zählt sie zu den wichtigen mittelständischen Industrieunternehmen in Deutschland.

Die Restrukturierung der BILSTEIN GROUP 2024 verdeutlicht einen Paradigmenwechsel von expansivem Wachstum hin zur konsolidierten Effizienzsteigerung. Während keine physischen Standorte aufgegeben wurden, erfolgte eine Schwerpunktverlagerung auf Digitalisierung und Energieeffizienz – Maßnahmen, die kurzfristig Schmerzen verursachen, aber langfristig die Wettbewerbsfähigkeit sichern sollen. Die Entscheidung gegen neue Standorte reflektiert dabei eine realistische Einschätzung der Marktdynamiken: In einer Phase rückläufiger Nachfrage und politischer Unsicherheiten (Energiekrise, Handelskonflikte) überwogen die Risiken neuer Investitionen. Ob diese Strategie aufgeht, hängt maßgeblich von einer Erholung der Automobilindustrie ab, die 2024 nur noch 41 % des Gruppenumsatzes ausmachte – gegenüber 58 % im Jahr 2020610. Die internationale Expansion, diversifizierte Produktpalette und zunehmende Fokussierung auf Nachhaltigkeit positionieren die BILSTEIN GROUP gut für zukünftige Herausforderungen in der sich wandelnden Stahlbranche. Die klare Unternehmensstruktur mit zentralisierten Dienstleistungsfunktionen ermöglicht effizientes Arbeiten und Synergieeffekte innerhalb der Gruppe.